Absehen vom Fahrverbot verhältnismäßig bei Nachtarbeit des Betroffenen?

Wird von einer Bußgeldbehörde nach einer Geschwindigkeitsüberschreitung dem Betroffenen ein Fahrverbot auferlegt, hat das Gericht im Falle eines Einspruchs des Betroffenen stets zu erwägen, ob nicht aufgrund bestimmter Umstände von dem Fahrverbot abgesehen werden kann (z.B. Absehen vom Fahrverbot wegen besonderer Härte).

Das AG Lüdinghausen (Az.: 19 Owi-89 Js 102/12-12/12) hatte in einem Fall zu entscheiden, in dem der Betroffenen nach einer Geschwindigkeitsüberschreitung ein Fahrverbot auferlegt worden war. Hiergegen wandte sich die Betroffene. Sie brachte vor, dass ihr Arbeitsbeginn in ihrer Ausbildung zur Konditorin insbesondere in die nächtliche Zeit (zwischen 1:00 Uhr und 4:00) gelegt werde und es ihr daher nicht zuzumuten sei, den Anfahrweg von ihrem Wohnort bis zur Ausbildungsstätte ohne ein Auto vorzunehmen. Zudem wurde ihr durch ihren Arbeitgeber schriftlich belegt, dass es betrieblich nicht möglich sei, einen mehr als 2 Wochen dauernden Urlaub zu nehmen.

Das AG Lüdinghausen hat dies nicht ausreichen lassen und das Fahrverbot aufrechterhalten. Es begründete seine Ansicht damit, dass der örtliche Verkehrsbetrieb auch zu Nachtzeiten einen Bus zur Verfügung stellt, der auch die Ausbildungsstätte der Betroffenen anfährt. Zudem sei die durch geltend gemachte zusätzliche Belastung hinzunehmen, dass die Betroffenen zum Einen das Fahrverbot so legen könne, dass 2 Wochen der Zeit in den Schulferien liegen und sie insofern nur 2 Wochen lang auf den öffentlichen Verkehr angewiesen sei. Zum Anderen stellen die mit der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel verbundenen Unbequemlichkeiten typische Folgen eines Fahrverbots dar, welche die Betroffene hinzunehmen habe, da dem Fahrverbot auch ein Lerneffekt innewohne.

Bloße berufliche Nachteile genügen demzufolge für ein Absehen vom Fahrverbot grundsätzlich nicht (OLG Düsseldorf, NZV 1997, 447), auch bei ungünstigen Arbeitszeiten wie der Nachtarbeit. Die Verhängung eines Fahrverbots kann allerdings dann unverhältnismäßig sein, wenn der Verlust des Arbeitsplatzes droht.