Fahrverbot: Parallelvollstreckung?

Verkehrsrecht Berlin

Geblitzt: Fahrverbot

Sind mehrere Fahrverbote neben oder nacheinander zu vollstrecken?

Zu der Frage, ob mehrere gleichzeitig rechtskräftige Fahrverbote parallel oder nacheinander zu vollstrecken sind hatte sich das OLG Hamm in einem Vorlagebeschluss zum BGH jüngst geäußert. Ursprünglich ging es um die Frage, ob bei mehreren gemeinsam abgeurteilten Ordnungswidrigkeiten, die jeweils ein Fahrverbot begründen aber an verschiedenen Tagen begangen wurden, ein einheitliches Fahrverbot oder zwei Fahrverbote nebeneinander zu verhängen sind. Im Strafrecht gibt es in Fällen tatmehrheitlicher Taten (die in keinem räumlichen oder zeitlichen Zusammenhang zueinander stehen), die in einem Verfahren abgeurteilt werden, eine sogenannte Gesamtstrafe, bei der aus den Einzelstrafen eine Strafe gebildet wird, die immer unter der Summe der Einzelstrafen liegen muss. Für Bußgelder gilt nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG), dass diese bei Tatmehrheit addiert werden, so dass es hier keine Reduzierung gibt. Eine Regelung für Nebenfolgen, zu der auch das Fahrverbot zählt, gibt es hingegen nicht. Das OLG Hamm vertritt die Ansicht, dass die Regelung für Geldbußen auch für Fahrverbote anzuwenden sei. Das von der Gegenansicht herangezogene Argument, dass bei mehreren abgeurteilten Straftaten auch nur auf ein Fahrverbot erkannt werden darf und dies somit erst recht bei Ordnungswidrigkeiten gelten muss, sei schon deshalb nicht stichhaltig, weil sich der Gesetzgeber gerade für eine unterscheidliche Bewertung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten entschieden habe und es bei letzteren gerade keine Ermäßigung gebe. Das OLG schließt aus der Regeleung für Geldbußen, dass auch die Nebenfolgen (Fahrverbote) zu addieren und somit einzeln auszusprechen seien. Zudem wäre es dem Zufall überlassen, ob für verschiedene Ordnungswidrigkeiten von der gleichen Behörde bzw. dem gleichen Gericht Geldbußen festgesetzt würden oder von unterschiedlichen mit der Konsequenz, dass im letzteren Fall ohnehin zwei Fahrverbote verhängt werden müssten. Das Argument, dass bei gleichzeitiger Aburteilung der Fahrverbote, diese ohnehin nebeneinander laufen und somit einem einheitlichen Fahrverbot gleichstehen überzeuge nicht, da hier zum einen durch Rechtsmittel zu unterschiedlichen Zeitpunkten die Rechtskraft entstehen könne oder auch eine Tat ganz wegfalle.

Soweit es darum geht, wie mehrere gleichzeit in Rechtskraft erwachsende Fahrverbote zu bewerten sind, vertritt das OLG die Ansicht, dass sich aus dem Umkehrschluss aus § 25 Abs. 2a StVG ergebe, dass Fahrverbote ohne viermonatigen Aufschub bei gleichzeitiger Rechtskraft nebeneinander laufen und nicht addiert werden. Die Regelung in § 25 Abs. 2a StVG ist nach der amtlichen Begründung gerade zu dem Zwecke eingeführt worden, um zu verhindern, dass die Frist dazu genutzt wird das Fahrverbot mit einem weiteren künftigen zusammenzulegen und hierdurch einen Rabatt zu bekommen (vgl. BT-Drs 13/6914). In der Begründung kommt auch zum Ausdruck, dass das grundsätzliche Aneinanderreihen von mehreren Fahrverboten nicht gewollt war, da die Denkzettelfunktion des Fahrverbots auch ohne Addition erreicht werde (vgl. BT-Drs 13/6914). Es soll nur nicht in der disposition des Betroffenen stehn seine Fahrverbote zusammenzulegen.

Es bleibt abzuwarten, wie sich der BGH zu der Frage, ob bei tatmehrheitlich begangenen gemeinsam abgeurteilten Ordnungswidrigkeiten nur ein Fahrverbot oder mehrere auszusprechen sind, äußern wird. Das OLG hat hier gewichtige Gründe vorgetragen, die für mehrere Fahrverbote sprechen. Dies würde es für Betroffene schwerer machen, das Fahrverbot wegzubekommen, da sie gegen alle Taten Rechtsmittel einlegen müssten. Zudem könnten Rechtsmittel, die nur gegen eine Tat eingelegt werden, dazu führen, dass das Urteil bzgl. der anderen Tat mit dem Fahrverbot rechtskräftig und dieses Vollstreckt wird und bei Misserfolg des Rechtsmittels ein weiteres Fahrverbot vollstreckt würde, welches sonst mit dem anderen Fahrverbot zusammen vollstreckt und quasi konsumiert worden wäre. (Autor: Ass. Tom Grünwald)

Gerne stehen wir Betroffenen jederzeit für eine unverbindliche erste Beratung zur Verfügung.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Thomas Brunow – Rechtsanwalt für Verkehrsrecht in Berlin Mitte – Kanzlei Prof. Dr. Streich & Partner